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Eine Frage, die wir uns stellen können, wenn wir uns besonders gereizt und ängstlich fühlen

Eine Frage, die wir uns stellen können, wenn wir uns besonders gereizt und ängstlich fühlen

Es gibt eine schwierige Gemütslage, in die wir verfallen können, die sich vor allem aus vier Elementen zusammensetzt: Niedergeschlagenheit, Schuldgefühle, Misstrauen und Reizbarkeit.

In einer solchen Stimmung können wir uns schuldig fühlen und uns schämen, ohne dass wir etwas Konkretes getan haben. Gleichzeitig sind wir in einem paranoiden Gemütszustand, als ob die Leute da draußen uns nicht besonders mögen oder wir in unmittelbarer Gefahr sind, bei etwas erwischt zu werden. Zudem fühlen wir uns vielleicht auf diffuse Weise gereizt und geraten schnell außer uns, wenn wir einen Haushaltsgegenstand nicht finden können oder das Handy spinnt.

In einer solchen Stimmung können wir einen Schritt Abstand nehmen und uns eine ganz bestimmte Frage stellen:

Kann es sein, dass ich – in Wahrheit – gerade sehr wütend auf jemanden bin?

Es mag seltsam erscheinen, dass wir uns eine solche Frage überhaupt stellen müssen. Wenn wir wütend wären, wüssten wir es sicher sofort, ohne dass wir irgendeinen formellen Moment der Selbsterforschung bräuchten.

Doch wir unterschätzen dabei, wie schwierig es sein kann – und was für eine psychologische Errungenschaft es ist -, sowohl genau zu wissen als auch wirklich zu fühlen, wenn uns jemand verärgert hat. Es kann so viel einfacher sein, stattdessen in einem vagen Nebel von ungewissem Selbsthass und Furcht zu versinken.

Zu wissen, wann und auf wen wir wütend sein könnten, beruht auf dem Privileg, in der Kindheit die Erlaubnis gehabt zu haben, Wut auf Menschen zu empfinden und sie auch auszudrücken, die uns etwas bedeuteten, die wir liebten, von denen wir aber – zeitweise – sehr frustriert waren.


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Nicht alle Eltern sind stark genug, um ihren Kindern zu erlauben, ihnen zu sagen, wie furchtbar sie sind, was für einen Unsinn sie reden oder wie sehr das Kind die Nase von ihnen voll hat. Es erfordert eine beträchtliche innere Reife, auf diese Weise mit sich sprechen zu lassen, ohne dass man außer sich gerät oder einknickt; man muss sich innerlich schon sehr groß fühlen, um damit fertig zu werden, dass man von einem wütenden Siebenjährigen gesagt bekommt, dass man überhaupt keine Ahnung hat.

Zu viele Eltern schreien zurück, bestrafen oder fragen das Kind unter Tränen, was sie bloß getan haben könnten, um diese Art von Grausamkeit zu verdienen. Und so lernt das Kind, dass Wut, wenn sie aufkommt, heruntergeschluckt werden muss. Das hat in der Regel vier Auswirkungen, die später die erwachsene Persönlichkeit entscheidend prägen.

  • Erstens wendet sich der heruntergeschluckte Ärger gegen die Person, die ihn empfindet. Wenn der äußere Ausdruck zensiert wird, kann sich die Wut nur noch auf die Person richten, von der sie ausgeht. Aus “Ich hasse dich” wird “Ich hasse mich selbst”.
  • Zweitens erzeugt heruntergeschluckte Wut ein Gefühl unspezifischer Schuld. Aus “Ich wollte dir wehtun, konnte es aber nicht” wird “Ich habe etwas falsch gemacht, aber ich weiß nicht, was”.
  • Drittens kann die heruntergeschluckte Wut in Form von Paranoia wieder zum Vorschein kommen. Aus “Ich will mich an dir rächen” wird “Alle wollen mich umbringen”.
  • Und viertens entlädt sich die heruntergeschluckte Wut an “sicheren” Zielen wie Möbelstücken oder Maschinen (manchmal auch an einem unglücklichen Haustier oder einem netten Ehepartner). Aus “Ich bin wütend auf meinen Kollegen” wird “Warum klemmt die dumme Kühlschranktür immer noch?”

Wenn wir uns also das nächste Mal niedergeschlagen, schuldig, misstrauisch und reizbar fühlen, sollten wir innehalten und uns fragen, ob wir nicht in unserem Innersten gerade sehr wütend auf jemanden sind. Das kann eine Kollegin, ein Freund, eine Liebhaberin, eine Therapeutin oder ein längst verstorbenes Elternteil sein.

Wir sollten uns unserer selbst bewusster werden. Wut – ausgelebt von einer reifen Person – muss niemanden verletzen und nichts zerstören. Wut – ausgelebt von einer reifen Person – muss niemanden verletzen und nichts zerstören. Sie kann gefahrlos gefühlt und dann mit Höflichkeit und Behutsamkeit in einem Gespräch ausgedrückt werden. Ebenso kann sie allein erforscht werden – auf den Seiten eines Tagebuchs oder unter der Dusche. Wut muss niemanden verletzen; verschluckte Wut tut es unweigerlich.


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