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Fühlen statt denken – wie wir schmerzliche Erinnerungen besser verarbeiten

Fühlen statt denken – wie wir schmerzliche Erinnerungen besser verarbeiten

Eine der größten Schwierigkeiten, Teile unseres eigenen Lebens richtig zu verstehen, besteht darin, dass wir allzu voreilig davon ausgehen, dies bereits zu tun.

Es ist vergleichsweise leicht, oberflächlich und intellektuell von schmerzhaften Schlüsselereignissen in unserem Leben zu berichten und dabei den eigentliche Kern unserer Gefühle zu vergessen. Wir können zum Beispiel sagen, dass wir uns daran erinnern, dass wir uns mit unserem Vater “nicht so gut verstanden” haben, dass uns unsere Mutter “etwas vernachlässigt” hat oder dass es “nicht besonders schön war, auf ein Internat zu gehen”.

So erwecken wir schnell den Eindruck, als hätten wir diese Umstände bereits gut genug verarbeitet. Doch diese verkürzten Schilderungen sind genau die Art von vorgefertigten, emotionslosen Berichten, die uns daran hindern, uns mit dem, was uns widerfahren ist, aufrichtig und emotional zu verbinden und uns selbst angemessen kennenzulernen.

UM ES PARADOX AUSZUDRÜCKEN: UNSERE ERINNERUNGEN SIND ES, DIE UNS VERGESSEN LASSEN

Um es in einer paradoxen Form auszudrücken: Unsere Erinnerungen sind es, die uns vergessen lassen. Unsere alltäglichen Berichte können die Wahrheiten unseres Lebens so akkurat darstellen wie eine einzige Postkarte von Naxos eine einmonatige Reise durch die Ägäis.


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Das ist wichtig, weil wir uns nur auf der Grundlage eines echten Eintauchens in vergangene Ängste, Kummer, Wut und Verluste von bestimmten Problemen heilen können, die entstehen, wenn sich schwierige Ereignisse in uns festgesetzt haben. Um uns von der Vergangenheit zu lösen, müssen wir sie betrauern, und dazu müssen wir in Kontakt damit kommen, wie sie sich tatsächlich angefühlt hat; wir müssen – auf eine Art und Weise, wie wir es vielleicht jahrzehntelang nicht getan haben – den Schmerz fühlen, den wir darüber empfunden haben, dass unsere Schwester uns vorgezogen wurde, oder die Verzweiflung, wenn wir an einem Samstagmorgen im Arbeitszimmer geschlagen wurden.

Wir könnten den Unterschied zwischen emotionalen und leblosen Erinnerungen mit dem Unterschied zwischen einem mittelmäßigen und einem großartigen Gemälde des Frühlings vergleichen. Beide zeigen uns einen identifizierbaren Ort und eine identifizierbare Jahreszeit, aber nur ein*e großartig*e Maler*in wird aus Millionen möglicher Elemente die wenigen herausgreifen, die den Moment erst bezaubernd, interessant, traurig oder sanft machen. Im einen Fall wissen wir, dass es Frühling ist, im anderen fühlen wir ihn endlich.

Vincent van Gogh- Seineufer im Frühling an der Pont de Clichy – 1887

Dies mag wie eine kleinliche ästhetische Überlegung erscheinen, aber es geht um nichts Geringeres als um die Frage, was wir tun müssen, um viele psychologische Beschwerden zu überwinden. Wir können unsere Vergangenheit nicht weiterhin aus der sicheren Vogelperspektive überfliegen und uns selbstgefällig weigern, das Gebiet, das wir betrachten, neu zu erleben. Wir müssen landen und Zentimeter für Zentimeter schmerzhaft durch die sumpfige Realität der Vergangenheit laufen.

Wir müssen uns hinlegen, vielleicht auf eine Couch, vielleicht mit Musik, die Augen schließen und die Dinge im Detail ertragen. Nur wenn wir zu unserem Leiden zurückgekehrt sind und es erneut in unseren Knochen spüren, kann es uns jemals in Ruhe lassen.


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