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Warum leise Menschen so sichtbar geworden sind – und warum das gut ist

Warum leise Menschen so sichtbar geworden sind – und warum das gut ist

Im September bin ich in The School of Life Berlin zu Gast: Neben einem Workshop für Leise Menschen werde ich einen Vortrag halten, in dem ich die Thesen meines neuen Buches vorstelle.

Drei Gründe für den Intro-Boom

C. G. Jungs Unterscheidung zwischen Intro- und Extrovertierten (doch, man darf heute extrovertiert sagen!) ist rund 100 Jahre alt. Warum dauerte es so lange, bis wir genauer nachgefragt haben, was es mit den diesen wichtigen Persönlichkeitsunterschieden in unserem Umgang mit uns selbst und anderen auf sich hat? Und woher kommt vor allem der Intro-Boom nach einem ganzen Jahrhundert? Ich glaube, es gibt drei Gründe.

Grund 1: Extros und Intros sind ganz normal.

Erstens gehört die Intro-Extro-Unterscheidung in die Psychologie. Da wiederum lag der Schwerpunkt über viele Jahrzehnte auf der Behandlung kranker Menschen. Persönlichkeit wurde vor allem mit Blick auf seelische Krankheiten betrachtet. Auch was C. G. Jung 1921 in seinen bahnbrechenden “Psychologischen Typen” über Intro- und Extrovertierte sagte, sollte vor allem eines erreichen: beweisen, dass die beiden Typen unterschiedliche Therapien benötigen.

Erst in den letzten 20 Jahren richtet sich der psychologische Profi-Blick auch auf gesunde Menschen – zum Beispiel in der Positiven Psychologie oder in der Motivationsforschung. Persönlichkeit wird heute (zum Glück) erst einmal als „normal“ gesehen, und auch die Probleme, die wir bekommen, wenn wir zu laut, zu leise oder zu ängstlich sind, sind erst einmal normale Probleme gesunder Menschen. Das befreit auch uns Intros: Wir können uns in aller Ruhe fragen, was wir denn so brauchen, damit es uns gut geht.


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Grund 2: Es ist Realität, Baby!

Jung konnte es noch nicht, aber wir können es heute: Nachweisen, dass Intros und Extros sich in ihrer „Hardware“ unterscheiden. Es gibt solide messbare Unterschiede in den Gehirnen leiser und nicht so leiser Menschen. Das erste Buch, das diesen Unterschied erwähnte und einem breiten Publikum zugänglich machte, erschien im US-amerikanischen Original im Jahr 2002: Die Macht der Introvertierten/The Introvert Advantage von Marty Olsen Laney.

Introvertierte bekamen durch dieses Buch das Gefühl: Ich habe ein Intro-Gehirn, und das profitiert von so etwas wie einer artgerechten Behandlung nicht nur, nein, es hat in bestimmten Bereichen sogar seine Vorteile, introvertiert zu sein. Auf einmal gab es biologisch verifizierte Intro-Stärken. Das motivierte und machte uns zuversichtlich.

Grund 3: Schmerz

Aus diesem dritten Grund haben Susan Cain und ich ungefähr zur gleichen Zeit unsere Intro-Bücher geschrieben: Intro-Sein tut heute mehr weh als früher. Wir leben in Zeiten, in denen es im Vergleich zu früher lauter, schneller und härter zugeht. Wir leben in Zeiten ständiger Reizüberflutung. Rückzugsorte und Ruhephasen werden selten. Der erste Eindruck muss sitzen und wird oft genug mit „Persönlichkeit“ verwechselt. Sicherheit, Vertrauen und Zuverlässigkeit sind in Beziehungen ebenso wie im Arbeitsleben zu einer seltenen Währung geworden.

In einer solchen Welt sehen Intros oft genug wie die zweitbesten aus. Und sie leiden. Denn mit ihrer sehr konkret anderen neuronalen Ausstattung sind zu viele Außenreize, zu wenig Ruhe und zu wenig Substanz und Sicherheit alles andere als intro-artgerecht – vorsichtig ausgedrückt.

Leise Lernerfahrungen

Aus diesen drei Gründen brauchte es zwar seine Zeit, aber wir Intros kamen dann doch auf die Idee, genauer hinzusehen, was das Nachinnengerichtetsein für unser leises Leben bedeutet. Das brachte spannende Fragen: Wie gehe ich mit meiner lauten Außenwelt um? Wie mache ich meine Leistung sichtbar? Wie lerne ich am besten? Wie gestalte ich meine Kontakte? Wie sieht leises Energiemanagement aus?

Ich habe mich selbst über Jahre mit diesen Fragen beschäftigt und bin froh darüber, dass es inzwischen so viele gute Antworten gibt. Auf die Begegnungen und den Austausch in The School of Life Berlin im September freue ich mich.

Dieser Text wurde von Dr. Sylvia Löhken verfasst.


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By The School of Life

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